Eine auf den ersten Blick etwas skurril anmutende Studie geht Zusammenhängen zwischen der Handgriffstärke und Big Five Persönlichkeitsmerkmalen nach und deckt tatsächlich signifikante Ergebnisse auf. An plausiblen Erklärungen mangelt es nicht, diese werfen aber zugleich auch neue Fragen auf.
Handgriffstärke – gemessen mit einem sogenannten Dynamometer – gilt zumindest bei Vertretern des männlichen Geschlechts als zuverlässiger Indikator für allgemeine körperliche Fitness und Kraft. Sie korreliert mit verschiedenen Gesundheitsvariablen, Merkmalen der Maskulinität (Stimmlage, Gesichtszüge) und einem längeren Leben. Beim weiblichen Geschlecht lassen sich ähnliche Zusammenhänge nicht finden. Als Erklärung für die Zusammenhänge werden neben der Genausstattung auch soziale Faktoren herbeigezogen: Körperliche Kraft bei Männern wird demnach als Merkmal der (männlichen) Attraktivität wahrgenommen, woraus auch im sozialen Bereich manche Vorteile resultieren, die sich wiederum förderlich auf gesundheitliche Aspekte auswirken können.
Eine Forschungsgruppe der Universität Göttingen um Bernhard Fink vom Lehrstuhl der biologischen Persönlichkeitspsychologie ging der Frage nach, ob und in welcher Weise die gemessene Handgriffstärke mit Merkmalen der Persönlichkeit assoziiert ist. In einer Studie aus dem Jahr 2016 konnten dabei signifikante Zusammenhänge zu einzelnen Big Five Merkmalen – gemessen mit dem NEO-FFI-Persönlichkeitsfragebogen – aufgedeckt werden. Interessanterweise muss auch hier als erstes konstatiert werden, dass die Befunde stark geschlechtsabhängig ausfallen. Im Einzelnen zeigten sich bei Männern positive Korrelationen zwischen Handgriffstärke und emotionaler Stabilität sowie zwischen Handgriffstärke und Extraversion. Bei Frauen konnten diese Zusammenhänge nicht bestätigt werden. Dafür ergaben sich beim weiblichen Geschlecht vorerst signifikante negative Korrelationen zwischen der Handgriffstärke und dem Merkmal der Verträglichkeit. Werden BMI (Body Mass Index) und Alter auskorreliert, so verschwindet der Zusammenhang beim weiblichen Geschlecht allerdings wieder. Die Zusammenhänge der Handgriffstärke zur emotionalen Stabilität und der Extraversion beim männlichen Geschlecht bleiben hingegen bestehen.
Diese beiden Merkmale können in einem grösseren Rahmen in Beziehung zu einem prosozialen Führungsverhalten gebracht werden, welches durch Merkmale wie Stabilität und Extraversion gekennzeichnet ist. Die Befunde stehen so gesehen in Einklang mit anderen Forschungsergebnissen (Von Rueden, Lukaszewski und Gurven, 2015), wonach bei Männern wie auch Frauen in westlichen Kulturen ein Zusammenhang zwischen Körperkraft und gelebten Führungsaktivitäten besteht. Natürlich stellt sich dabei unmittelbar die Frage, warum dieselben Zusammenhänge zu den Persönlichkeitsmerkmalen nicht ebenfalls bei den Frauen zu Tage treten. Eine mögliche Erklärung geht dahin, dass physisch stärkere Männer auch soziale Merkmale zeigen, die von (weiblichen) Partnerinnen gemeinhin als attraktiv betrachtet werden, während bei weiblichen Führungspersonen andere Persönlichkeitsmerkmale ins Gewicht fallen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass körperliche Kraft gleichzeitig auch mit einem erhöhten Aggressivitätslevel sowie einer erhöhten Neigung zu Wut- und Gewaltreaktionen assoziiert zu sein scheint. Ein prosoziales (männliches) Führungsverhalten, welches mit den gemeinhin positiv konnotierten Merkmalen der emotionalen Stabilität und Extraversion zusammenhängt, könnte demnach auch noch eine Kehrseite der Medaille aufweisen, die ebenfalls dazu dienen würde, den eigenen Machtanspruch durchzusetzen.
Quellen:
Fink, B., Weege, B. , Pham, M.N. & Shackelford, T.K. (2016). Handgrip strength and the Big Five personality factors in men and women. Personality and Individual Differences, 88, 175-177.
Von Rueden, C.R., Lukaszewski, A.W. & Gurven, M. (2015). Adaptive personality calibration in a human society: Effect of embodied capital on prosocial traits. Behavioral Ecology, 26, 1071–1082.